Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat den Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung veröffentlicht und zur Diskussion gestellt und zugleich um Stellungnahme zu einzelnen Aspekten des in dem Entwurf enthaltenen Regelungspunktes “Präsenzzeitstunden“ gebeten.

Das Europäische Institut für Konfliktmanagement e.V. (EUCON) administriert seit 25 Jahren Mediationsverfahren im Wirtschaftskontext und nimmt nachfolgend zum Entwurf und den aufgeworfenen Fragen gerne Stellung.

I. Allgemeines

Die EUCON begrüßt zunächst, dass von einer umfassenden Änderung der ZMediatAusbV abgesehen wurde. Nach unserer Erfahrung kann derzeit kein Ausbildungsdefizit bei Mediatorinnen und Mediatoren festgestellt werden. Gleichzeitig verändern sich die Rahmenbedingungen und die Bedürfnisse der Nutzer. Online-Verfahren oder hybride Verfahren sind nicht mehr wegzudenken und werden zunehmend nachgefragt. Die Ausbildung dahingehend anzupassen ist zeitgemäß und begrüßenswert. Auch den Anforderungen an flexible Ausbildungen, veränderten Reisebereitschaften und dem Gebot der Nachhaltigkeit wird durch die Einräumung der Möglichkeit von Online-Anteilen im Ausbildungsgang Rechnung getragen.

II. Zu den wesentlichen Änderungen im Einzelnen

1. Integration der Praxisfälle in die Ausbildung (§ 2 Abs. 2 des Entwurfs)

Da die Zertifizierung nicht nur der Nachweis eines dem Inhalt und Umfang der Ausbildungsverordnung entsprechenden Ausbildungslehrgangs ist, sondern auch einen Erfahrungsnachweis darstellt, ist die Integration der nachzuweisenden Praxisfälle vor Zertifizierung konsequent. Die Anzahl der supervidierten Praxisfälle ist mit insgesamt fünf Fällen unverändert geblieben, was nicht zu beanstanden ist, insbesondere auch vor dem Hintergrund des noch immer überschaubaren Mediationsmarktes.

2. Ausbildung in virtueller-Form (§ 2 Abs. 4 des Entwurfs)

Der Vorschlag unterscheidet zwei Möglichkeiten der Präsenz, nämlich virtuell und physisch. Die virtuelle Teilnahme erfordert nach dem Entwurf die Möglichkeit der Anwesenheitskontrolle und der Interaktion mit der Lehrkraft und unter den Teilnehmenden. Dadurch sind e-learning-Formate und Selbststudien ebenso nicht auf die geforderten Präsenzstunden anrechenbar, wie Chatbots. Dies wahrt einerseits die Austauschmöglichkeit, erlaubt andererseits aber den Einsatz moderner Kommunikationsmethoden und ist daher zu begrüßen. § 2 Abs. 4 Satz 3 ist hinreichend klar, so dass der Begriff „Präsenzzeitstunden“ in § 2 Abs. 4 Satz 1 beibehalten werden kann.

Praktische Übungen in Rollenspielen stellen einen wesentlichen Teil der Mediationsaubildung dar. Da Mediationen zunehmend virtuell durchgeführt werden, insbesondere bei Wirtschaftsmediationen mit Konfliktparteien aus unterschiedlichen Orten, Ländern oder gar Kontinenten, sollte auch die Möglichkeit bestehen, Rollenspiele online durchzuführen. Dies lehrt zugleich die Unterschiedlichkeit beider Mediationsformen. Gleichermaßen sollten aber auch Mediationsrollenspiele in physischer Präsenz zwingender Bestandteil der Mediationsausbildung bleiben. Eine Erhöhung des Anteils von Präsenzstunden in virtueller Form auf 100 % ist daher nicht zielführend. Der gewählte Prozentsatz (40%) erscheint angemessen. Nachzudenken wäre über einen Mindestprozentsatz (beispielsweise 10%), um die Online-Kompetenz praktisch zu proben und das virtuelle Rollenspiel durchführen zu können.

3. Supervidierte Praxisfälle (§ 2 Abs. 5 und 6 des Entwurfs)

Der Vorschlag, Supervisionen wahlweise als Einzel- oder Gruppensupervisionen durchführen zu können, ist vorteilhaft, bietet sich nun auch die Möglichkeit in Gruppensupervisionen nicht nur die eigene durchgeführte Mediation zu reflektieren, sondern zugleich von den anderen Gruppenteilnehmern zu lernen. Die Streichung des Erfordernisses, dass die Supervision im Anschluss an die durchgeführte Mediation zu erfolgen hat, verstehen wir als Klarstellung dahingehend, dass die Supervision auch während einer laufenden Mediation (beispielsweise nach einzelnen Mediationssitzungen) erfolgen kann, nicht jedoch muss. Um dem denkbaren Missverständnis vorzubeugen, dass eine „supervidierte Mediation“ im Unterschied zur bisherigen „Einzelsupervision im Anschluss an eine als Mediator oder Co-Mediator durchgeführte Mediation“ zwingend eine Supervision während der laufenden Mediation erfordert, würden wir vorschlagen, § 2 Abs. 2 um folgenden Satz zu ergänzen: „Die Supervision kann sowohl während als auch im Anschluss an die jeweilige Mediation erfolgen.“

Die Berechtigung zur Ausstellung einer Bescheinigung des Abschlusses der Ausbildung nach § 2 Abs. 6 sollte dahingehend geöffnet werden, dass jede Ausbildungseinrichtung berechtigt sein sollte, bei Vorliegen der Bescheinigung des Ausbildungslehrgangs (§ 2 Abs. 3) und der Vorlage von fünf Bestätigungen der supervidierten Mediationen (§ 2 Abs. 5) eine Bescheinigung des Abschlusses der Ausbildung (§ 2 Abs. 6) auszustellen. Der momentane Entwurfsvorschlag würde erfordern, dass die Ausbildungseinrichtung des Ausbildungslehrgangs zumindest für drei Jahre nach Beendigung dieses Lehrgangs fortbesteht.

Das Erfordernis der Angabe anonymisierter Angaben zu in den Supervisionen besprochenen Mediationen (§ 2 Abs. 6 Nr. 7) ist zu streichen.

4. Fortbildung (§ 3 des Entwurfs)

Die vorgeschlagen Änderungen von § 3 Abs. 1 des Entwurfs („alle vier Jahre“ statt „innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren“ und der Entfall der Berechtigung zur Führung der Bezeichnung „zertifizierter Mediator“ bei Nichteinhaltung der Fortbildungspflicht) sind nicht zu beanstanden.

§ 3 Abs. 4 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 4 scheinen uns nicht klar genug formuliert. Wir gehen davon aus, dass in § 3 Abs. 4 mit der bescheinigenden Ausbildungseinrichtung diejenige der jeweiligen Fortbildungsveranstaltung gemeint ist. Sie müsste(n) sich jeweils die Bescheinigung nach § 2 Abs. 6 (bzw. ab dem zweiten 4-Jahresturnus die Bescheinigung(en) nach § 3 Abs. 4) vorlegen lassen, um die Fristwahrung bescheinigen zu können. Sollte in § 3 Abs. 4 hingegen die ursprüngliche Ausbildungseinrichtung des ersten Ausbildungslehrgangs gemeint sein, ist dieser Vorschlag abzulehnen, denn das würde erfordern, dass die Ausbildungseinrichtung permanent fortbestehen müsste, was unrealistisch ist. Zudem müssten dann sowohl die Fortbildungseinrichtungen als auch die ursprüngliche Ausbildungseinrichtung die Fortbildung bescheinigen, was unnötig und bürokratisch erscheint. Ein praktischer Mehrwert dieser Doppelbescheinigung ist nicht ersichtlich.

Zweiten Verordnung zur Änderung der Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung